Wie zählt der Balkon?

von | Mietrecht Urteile

Das jüngst durch die Presse gewanderte Bundesgerichtshofsurteil zur Ermittlung der Wohnfläche besagt: Es gilt die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige gesetzliche Berechnungsregelung. Für Mietverträge, die nach dem 1.1.2004 abgeschlossen wurden, bedeutete dieses, dass der Balkon im Regelfall nur zu einem Viertel zählt, in davor geschlossenen Mietverträgen bis zur Hälfte.

Der Begriff der Wohnfläche im Wohnraummietrecht muss grundsätzlich nach der im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses geltenden gesetzlichen Berechnungsvorschrift ermittelt werden. Das sagt der BGH in seinem Urteil vom 17. April 2019, VIII ZR 33/18. Im Einzelfall kann etwas anderes gelten, wenn dem Begriff Wohnfläche mietvertraglich eine andere Bedeutung beigemessen wurde oder ein anderer Berechnungsmodus ortsüblich ist.

Konkret galt die Berechnung nach § 44 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung bis zum 31.12.2003. In § 44 II. BV war geregelt, dass Balkone, Loggien, Dachgarten etc. bis zur Hälfte angerechnet werden können. Für Altverträge wird es daher schwierig, eine Berechnungsgrundlage für Balkone mit nur einem Viertel durchzusetzen.

Ab dem 1.1.2004 gilt die Wohnflächenverordnung. Hier wurde die alte Regel umgedreht: Balkone zählen "in der Regel" zu einem Viertel, im Ausnahmefall bis zur Hälfte. Leider enthält das BGH-Urteil aus dem April keinerlei Ausführungen dazu, wann diese Regel durchbrochen werden kann. Ein höherer Wohnwert darf aber wohl angenommen werden, wenn der Balkon eine sonnige ruhige Lage oder den Blick in einen begrünten Innenhof bietet.

In der Übergangsregelung, § 5 der Wohnflächenverordnung, heißt es, dass die Verordnung auch dann gilt, wenn nach dem 31.12.2003 bauliche Veränderungen vorgenommen werden, die eine Neuberechnung der Wohnfläche erforderlich machen. Wird ein Balkon nachträglich angebaut, dürfte § 4 der Wohnflächenverordnung Anwendung finden, der Balkon also mit einem Viertel seiner Fläche anzurechnen sein.

Nach wie vor aber gibt es Ausnahmefälle, so dass sich in Zweifelsfällen der Gang in eine mietrechtliche Beratung lohnt. Was immer gilt – bei jeder Mieterhöhung und jeder Betriebskostenabrechnung: es darf nur die tatsächliche Wohnfläche angesetzt werden. In beiden Fällen kann sich neben einer Beratung auch ein neues Ausmessen lohnen. MhM erklärt Mitgliedern und Mieter*innen, die es werden wollen, wie die Wohnfläche korrekt ermittelt wird oder vermittelt versierte Fachleute für ein Aufmaß.

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